Nachdruck des Reinholdschen Planes von 1767: Osnabrück, eine wegen dem daselbst geschlossenen Westphälischen Frieden sehr berühmte Stadt (NLA OS K 62 a Nr. 104 H)

Osnabrücker Stadtgeschichte: Von der Missionszelle zur Friedensstadt

von Birgit Kehne

Im Jahr 780 übernahm Bischof Agilfred von Lüttich die Missionierung des sächsischen Gebietes. Zu den neuen Missionsstationen zählte auch eine in der Nähe einer Furt über das Flüsschen Hase gelegene Missionskirche. Mit der Gründung dieser Missionszelle und ihrer Erhebung zum Bischofssitz durch Karl den Großen beginnt die Geschichte der Stadt Osnabrück.
 
Vom Bischofssitz Osnabrück aus sollte die christliche Mission weiter ins Sachsenland getragen werden. Eine steinerne Kirche wurde errichtet, die in den folgenden Jahrhunderten mehrfach durch imposante Nachfolgebauten ersetzt wurde. Neuere Ausgrabungen haben in Bezug auf Lage, Größe und Datierung dieser Bauten zu zum Teil unerwarteten archäologischen Ergebnissen geführt. Nach einer allerdings als Fälschung erkannten Urkunde von 804 hat Karl der Große bestimmt, dass an dem Bischofssitz auch eine Schule für den geistlichen Nachwuchs gegründet werden sollte. Latein und Griechisch sollten hier gelehrt werden, damit die ausgebildeten Kleriker überall im christlichen Abendland eingesetzt werden konnten. Auf diese Urkunde führt sich das Osnabrücker Gymnasium Carolinum zurück und beansprucht damit, eines der ältesten Gymnasien Deutschlands zu sein.

Nach Übertragung des Markt-, Münz- und Zollrechts entstand vor der Domsiedlung durch Ansiedlung von Handwerkern und Kaufleuten die Marktsiedlung mit der Marienkirche. Noch heute sind die beiden Zentren gut im Stadtbild zu erkennen, wenn man vom Dom Richtung Rathaus geht. Dieser älteste Teil der Stadt mit der Domburg und der Marktsiedlung bildete die sogenannte Binnenburg. Auf der einen Seite wurde sie von der Hase begrenzt, umgeben von Wassergräben, die sich auch aus dem Poggenbach speisten, der damals noch durch die Marktsiedlung floss. Neu vor der Befestigung entstehende Ansiedlungen lagen so zunächst in der Butenburg (buten = außen, außerhalb der ersten Siedlungsgrenzen). Die dort siedelnden Handwerker und Bauern schlossen sich in sogenannten Laischaften zusammen, nach denen die Stadtviertel Haselaischaft und Johannislaischaft genannt wurden. Der Begriff Lai- oder auch Leischaft bezeichnet die Gemeinschaft und den von ihr besiedelten städtischen Bezirk. Im 16. Jahrhundert wurden Laischaften anderen Charakters, nämlich als kleine Wirtschaftsverbände von Bürgern, deren Grundbesitz vor dem gleichen Stadttor lag, gegründet. Sie nannten sich nach den jeweiligen Stadttoren. Noch heute existiert die Heger Laischaft, die vor allem als Forstgenossenschaft das Heger Holz pflegt.
 
Im 11. Jahrhundert entstand neben der Altstadt um das von Bischof Thietmar oder Detmar 1011 gegründete Stift St. Johann eine neue Siedlung, die Neustadt. Beide Städte hatten über Jahrhunderte hinweg eine eigene Verwaltung, sie schlossen sich aber 1307 nach außen hin zusammen und errichteten eine gemeinsame Stadtmauer. Die Verleihung und Bestätigung von Herrschaftsrechten wie Zoll, Markt und Münze durch König oder Kaiser an den Bischof machten Osnabrück zu einem prosperierenden Ort, der Händler und Handwerker anlockte. Als Landeshauptstadt des Fürstbistums Osnabrück hatte die Stadt besondere Anziehungskraft.

Kaiser Friedrich I. "Barbarossa" verleiht der Stadt Osnabrück das Privileg de non evocando: Kein Osnabrücker Bürger darf vor einen auswärtigen Richter geladen werden, wenn der Fall nicht vorher in der Stadt Osnabrück oder vor dem Kaiser anhängig gemacht und nach Osnabrücker Recht verfolgt worden ist (NLA OS Dep 3 a I Nr. 1).
1171 verlieh Kaiser Friedrich I. der Stadt Osnabrück das Privileg, dass kein Osnabrücker Bürger vom einem auswärtigen Richter vor Gericht geladen werden durfte. Damit wurde Osnabrück in besonderer Weise ausgezeichnet. 1225 wurde dem Bischof das Recht verliehen, die Gogerichte in seinem Territorium mit eigenen Gografen zu besetzen. Dies bedeutete einen erheblichen Machtzuwachs, da bei den Gogerichten neben der niederen Gerichtsbarkeit weitere Kompetenzen lagen wie Friedenswahrung, Landesverteidigung und Bau von Wehranlagen. Die aufstrebende Stadt Osnabrück nutzte die Möglichkeit, im gleichen Jahr dem verschuldeten Bischof die Hälfte des Osnabrücker Burgerichts, das für die niedere Gerichtsbarkeit zuständig war, abzukaufen. Damit gingen die Hälfte der Bußgelde und Gebühren an die Stadt. 1409 kaufte die Stadt dem Bischof – der wie sein Vorgänger in Geldnöten steckte – die zweite Hälfte der Gerichtsbarkeit ab und wurde dadurch völlig unabhängig, da Justiz und Verwaltung nicht als getrennte Bereiche angesehen wurden und somit beides beim Gogericht lag.
 
Seit dem 13. Jahrhundert führt die Stadt auch ein eigenes Siegel, das schwarze Rad auf silbernem oder weißem Grund. Das bischöfliche Siegel zeigt ein rotes Rad auf silbernem Feld. 1348 wurde eine städtische Verfassung, die Sate, in das Stadtbuch eingetragen, in der das Verfahren der Ratswahl festgelegt wurde. Die Sate hatte Gültigkeit bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.
 
Das Verhältnis zwischen Bischof und Stadt, aber auch zwischen Bischof und Domkapitel war nicht selten auf Grund widerstreitender Interessen Spannungen unterworfen. Eine gewisse Distanz ergab sich daraus, dass die Bischöfe bis in das 17. Jahrhundert hinein die im 11. Jahrhundert von Bischof Benno II. erbaute Iburg südlich von Osnabrück als Residenz ihrem städtischen Domizil vorzogen.
 
Mit der Reformation zog in Osnabrück das Nebeneinander der Konfessionen ein. Mit Billigung des Bischofs Franz von Waldeck führte der Lübecker Superintendent Hermann Bonnus 1543 in Stadt und Stift die Reformation ein. Er verfasste die erste evangelische Kirchenordnung und setzte evangelische Pfarrer ein. In St. Marien, St. Katharinen und der Augustinerkirche wurde evangelisch, und das hieß auch, nicht in lateinischer Sprache, sondern deutsch gepredigt. Außerdem wurde eine städtische Schule, die Ratsschule, eingerichtet. Die reformatorische Lehre durchdrang nun alle kirchlichen und gesellschaftlichen Bereiche, der evangelische Glauben fand in Osnabrück viele Anhänger. Allerdings wurde dies je nach Haltung der nachfolgenden Bischöfe gefördert oder unterdrückt. Besonders der aus einer nicht standesgemäßen Verbindung des Herzogs Maximilian von Bayern stammende Franz Wilhelm von Wartenberg, Fürstbischof von Osnabrück während des Dreißigjährigen Krieges, versuchte mit allen Mitteln, eine völlige Rekatholisierung durchzusetzen. Er begann mit dem Bau einer Festungsanlage, der Petersburg, die die Bürgerschaft als Bedrohung empfand. 1633 musste er vor den Schweden aus der Stadt fliehen.
 
Im Reich kämpften katholische und evangelische Parteien um den Machterhalt und -zugewinn. Der Nordwesten des Reiches war dabei nicht Schauplatz großer Schlachten, sondern diente als Durchzugsgebiet von und nach den Niederlanden. Für die Stadt Osnabrück war die Zeit von 1623 bis 1633 eine Zeit des Kampfes um Wahrung der protestantischen Konfession und der Selbständigkeit. Nicht immer konnte sie andrängenden Mächten gegenüber ihre Souveränität behaupten, die Truppeneinquartierung konnte jedoch zumeist verhindert werden. Im Juli 1633 wurde Osnabrück von schwedischen Truppen belagert. Erneut versuchte die Stadt, einer Besetzung zu entgehen und leistete erbitterten Widerstand, doch nach vier Wochen musste man kapitulieren. In den folgenden zehn Jahren (bis März 1643) waren die Schweden Herren der Stadt.

"Die Bischöfliche Residenz zu Osnabrück": Schloss mit Schlossgarten, ca. 1777, Schrägaufsicht von Norden, seitenverkehrtes Guckkastenbild (NLA OS K 61 a Neuer Graben Nr. 4 b).
Osnabrück litt an den Belastungen der Besetzung, blieb aber von Zerstörungen weitgehend verschont. Auch dieser Umstand trug dazu bei, dass ihr schließlich eine besondere Rolle zugedacht wurde: Das protestantische Osnabrück wurde neben dem katholischen Münster als neutraler Verhandlungsort für die Friedensverträge ausgewählt. Von 1643 bis 1648 wurde in der Stadt europäische Politik gemacht. Der zentrale Ort der Erinnerung an die Friedensverhandlungen ist das Rathaus mit dem Friedenssaal. In sich über fünf Jahre hinziehenden schwierigen Verhandlungen erarbeiteten etwa 150 Beauftragte die Bestimmungen des Friedensvertrages. Seine wichtigsten Entscheidungen betrafen den konfessionellen Ausgleich, die Bestimmung zur Reichsverfassung und die Regelung territorialer Ansprüche.

Am 6. August 1648 wurde der Friedensvertrag zwischen dem Kaiser, den Reichsständen und den Schweden im schwedischen Hauptquartier abgeschlossen. Das offizielle Datum für den gesamten Friedensschluss in Osnabrück und Münster ist der 24. Oktober 1648, am 25. Oktober wurde die Nachricht vom endgültigen Abschluss des Vertrages in Osnabrück von der Rathaustreppe verkündet. Für das Fürstbistum Osnabrück hatte dieser Frieden besondere Folgen: die so genannte alternative Sukzession. Sie besagte, dass das Bischofsamt von nun an abwechselnd von einem katholischen und einem evangelischen Kandidaten bekleidet werden sollte. Der evangelische Fürstbischof war stets aus dem Hause Braunschweig-Lüneburg zu wählen. Der erste welfische Bischof war Ernst August von Braunschweig-Lüneburg (1629–1698).

Ernst August war verheiratet mit Sophie von der Pfalz (1630–1714), der Tochter der „Winterkönigs“ Friedrich von der Pfalz und seiner englischen Gemahlin Elisabeth Stuart. Über ihre Mutter erlangte sie die Anwartschaft auf die englische Thronfolge, die ihr ältester Sohn Georg Ludwig als Georg I. im Jahr 1714 antreten sollte. Seit vielen Jahrhunderten hatten die Bischöfe außerhalb der Stadt auf der Iburg oder anderen Landesburgen residiert. Ernst August und Sophie ließen in Osnabrück einen Schlossbau nach französischem Vorbild errichten. Aber schon 1679 trat Ernst August die Nachfolge seines verstorbenen Bruders Johann Friedrich im Fürstentum Calenberg an, die Familie zog nach Hannover. Das Fürstbistum wurde nun von Hannover aus regiert. Den katholischen Amtsinhabern stand es in der Folge frei, das Schloss zu mieten; sie machten aber nur wenig Gebrauch davon, da sie sich überwiegend in ihren anderen Bistümern aufhielten.
 
Bis zur Säkularisation und Aufhebung des Hochstifts im November 1802 saßen drei katholische und drei evangelische Fürstbischöfe auf dem Osnabrücker Bischofsstuhl. Die Stadt Osnabrück aber blieb überwiegend evangelisch. Für die Pfarreien und Kirchspiele des Hochstifts galt, dass von nun an die im so genannten Normaljahr 1624 bei der Kirchenvisitation festgestellte Konfession gelten sollte.

Stoffproben von Osnabrücker Leinen, überliefert in einer frühneuzeitlichen Akte (NLA OS Dep 3 b V Nr. 1004).
Einen großen Einfluss auf die politische und wirtschaftliche Entwicklung von Stadt und Fürstbistum übte im 18. Jahrhundert der Jurist, Schriftsteller, Historiker und Verwaltungsbeamte Justus Möser (1720-1794) aus. Unter der Regierungszeit des letzten Osnabrücker Bischofs Friedrich von York stand er in Diensten des Geheimen Rats und amtierte gleichzeitig als Syndikus der Ritterschaft. Daneben gab er die „Osnabrücker Intelligenzblätter“ heraus, verfasste eine Osnabrückische Geschichte und publizierte zu moralischen, historischen, ökonomischen, sozialen, literarischen und politischen Themen.
 
Auch das 19. Jahrhundert hat bedeutende Osnabrücker hervorgebracht, unter denen mehrere Mitglieder der Familie Stüve eine besondere Rolle in der Stadt Osnabrück und über ihre Grenzen hinaus gespielt haben. Am bekanntesten ist Johann Carl Bertram Stüve (1798-1872), der auch in der Landespolitik eine bedeutende Rolle innehatte. Nach dem Studium in Göttingen war er zunächst als Rechtsanwalt in Osnabrück tätig. 1824 vertrat er die Stadt in der Zweiten Kammer der Hannoverschen Ständeversammlung, 1833 wurde er Bürgermeister in Osnabrück.

Stüves großes Anliegen war die Aufhebung der bäuerlichen Abhängigkeitsverhältnisse. In seiner Schrift „Über die Lasten des Grundeigenthums und die Verminderung derselben in Rücksicht auf das Königreich Hannover“ legte er 1830 seine Vorschläge zu einer Agrarreform dar, in der die Ablösungen auf Kreditbasis erfolgen konnten. Es ging Stüve insgesamt um die Herstellung gerechter Lebensverhältnisse für jeden, auch für den bäuerlichen Stand. In diesem Sinne arbeitete er am Staatsgrundgesetz von 1833 mit. Als König Ernst August von Hannover bei seinem Regierungsantritt 1837 die Verfassung von 1833 außer Kraft setzte und damit das politische und gesellschaftliche Gefüge erschütterte, verfasste Stüve eine Schrift zur Verteidigung des Staatsgrundgesetzes und der konstitutionell verbrieften Rechte. Der König blieb hart, doch mit den Ereignissen des Vormärz und der sich vielerorts in Demonstrationen und Tumulten manifestierenden bürgerlichen Revolution im Jahr 1848 sah er sich zur Umkehr gezwungen und berief ein liberales Kabinett. Stüve wurde zum hannoverschen Innenminister ernannt. Ein wichtiges Ziel erreichte der nur wenige Jahre amtierende Innenminister mit der hannoverschen Städteordnung von 1851.
 
Nach seinem Ausscheiden aus der Landespolitik widmete sich Stüve ganz seinem Amt als Bürgermeister und stellte die Weichen für die Modernisierung der Stadt Osnabrück. Straßenbeleuchtung, Abwasserbeseitigung, Krankenhausneubau seien hier als Stichworte genannt. Unter seiner Führung setzte die Industrialisierung und, damit verbunden, das Flächen- und Bevölkerungswachstum in Osnabrück ein. Daneben war Stüve als Historiker tätig, ordnete das Stadtarchiv, gründete 1847 den „Verein für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück“ und legte die „Geschichte des Hochstifts Osnabrück“ vor sowie zahlreiche Ergebnisse seiner Forschungen vor allem im Jahrbuch des Vereins, den „Osnabrücker Mitteilungen“.
 
Bis in das 19. Jahrhundert hinein spielte die Landwirtschaft im Erwerbsleben der Osnabrücker die größte Rolle. Osnabrück war eine Ackerbürgerstadt. Dies zeigen auch die schon erwähnten Laischaften, die genossenschaftlich ihre Acker- und Weideflächen vor den Toren bewirtschafteten. Daneben gab es zahlreiche in Gilden organisierte Handwerker und den Handel. Osnabrück verbündete sich mit anderen Städten zum Schutz der Handelswege und war Mitglied der Hanse. Die Osnabrücker Legge, auf der im Umland hergestelltes Leinen begutachtet werden musste, galt weithin als angesehene Qualitätskontrolle. Leinen- und Wollweberei und der Handel mit diesen Produkten waren bedeutende Gewerbe.

Stadtansicht von der Bohmter Straße (Klushügel) aus, Johanniskirche bis Gertrudenberg, im Vordergrund Buersche Straße, dahinter Hannoversche Bahn, um 1860 (NLA OS K 62 b Nord Nr. 11 H)
Das Ende der Stadt als Landeshauptstadt des Fürstbistums Osnabrück kam 1802/03 mit der Säkularisation der geistlichen Landesherrschaften des Reiches in der Folge der napoleonischen Kriege und der Expansion Frankreichs nach Westen. Osnabrück fiel an das Kurfürstentum Hannover und damit an den englischen König, da zu dieser Zeit Hannover und England noch in Personalunion regiert wurden. Nach wechselvoller Zeit, in der Osnabrück mal preußisch, mal hannoversch, mal französisch war, gehörte es schließlich endgültig zum auf dem Wiener Kongress nunmehr zum Königreich erhobenen hannoverschen Staat und wurde wieder Provinzhauptstadt. An diesem Status änderte sich auch nichts, als 1866 Hannover von Preußen vereinnahmt wurde. 1885 wurde als staatliche Verwaltungseinheit der Regierungsbezirk Osnabrück eingerichtet, dessen Existenz bis in das 1946 gegründete Land Niedersachsen hinüber reichte. Mit der Verwaltungsreform von 1978 ging der Regierungsbezirk Osnabrück im neuen Verwaltungsbezirk Weser-Ems, einem von vier Regierungsbezirken in Niedersachsen, auf. Unter dem aus Osnabrück stammenden Ministerpräsidenten Christian Wulff wurden die vier Bezirksregierungen in Niedersachsen (neben Weser-Ems Braunschweig, Hannover und Lüneburg) mit dem Ende des Jahres 2004 aufgelöst.
 
Der Status der Stadt erschöpfte sich aber nie darin, Verwaltungsstandort zu sein. Mit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert entstanden Fabriken, die sich bei der Papierherstellung, Tabakverarbeitung, Weberei und Spinnerei, Eisen- und Stahlverarbeitung, beim Maschinenbau und vielem mehr rasch der neuen technischen Möglichkeiten bedienten. Der Steinkohleabbau am Piesberg erlebte einen Aufschwung. Der Ausbau des Straßennetzes und moderne Verkehrsmittel eröffneten neue Perspektiven: 1855 wurde der „Hannoversche Bahnhof“ eingeweiht, für die erste Eisenbahnstrecke Löhne-Osnabrück, die schon ein Jahr später bis nach Emden führte.
 
Diese Entwicklungen wirkten sich stark auf das Stadtbild und die Stadtplanung aus. Neben den Kirchtürmen ragten nun Fabrikschlote in den Himmel. Die Bevölkerungszahl wuchs schnell an, die Stadt expandierte. Wirtschaftskrisen, der erste Weltkrieg, die Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft und der zweite Weltkrieg stoppten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Expansion. Bei Kriegsende 1945 war Osnabrück vom Luftkrieg stark zerstört, die Altstadt ein Ruinenfeld, fast 85 Prozent der Gebäude lagen in Schutt und Asche.
 
Heute ist Osnabrück mit seinen rund 160 000 Einwohnern die drittgrößte Stadt in Niedersachsen und ein wichtiger Standort im Bereich der Metall verarbeitenden Industrie, der Fahrzeugbaus und der Papierindustrie. Darüber hinaus entwickelt sich die Stadt zunehmend zu einem Dienstleistungs- und Logistikzentrum, Handel und Verkehr spielen eine wichtige Rolle. Die in den 70er Jahren eingerichtete Universität hat sich mit ihrem interdisziplinären und europäisch ausgerichteten Forschungsprofil gut positioniert. Und dank einer zwar verspätet, aber dann zielgerichtet eingesetzten Sanierungspolitik zieht die restaurierte Osnabrücker Altstadt wieder sowohl Einwohner als auch Besucher an. Die Stadt hat sich - aufbauend auf den Lehren der Geschichte - dem Friedens- und Toleranzgedanken in besonderer Weise verschrieben und bietet mit verschiedenen Institutionen und Tagungen der Friedensforschung ein Forum. Daher führt sie heute auch den Beinamen „Friedensstadt Osnabrück“.